Münster (pbm/sk). „Das Domkapitel am St.-Paulus-Dom in Münster möchte die Erinnerung an den sexuellen Missbrauch durch Priester sowie an die Vertuschung durch frühere Verantwortliche in der Bistumsleitung lebendig halten.“ Das hat Dompropst Hans-Bernd Köppen am 23. Oktober in Münster betont. Köppen informierte darüber, dass das Domkapitel am 18. Oktober entschieden hat, welche Maßnahmen einer Erinnerungskultur es am St.-Paulus-Dom in Münster geben wird. Es greift mit seinen Entscheidungen einige der Empfehlungen auf, die eingegangen waren und die die „Arbeitsgruppe Erinnerungskultur“ im Juni gegeben hatte.
Die Arbeitsgruppe war nach der Veröffentlichung der Studie zum sexuellen Missbrauch im Bistum Münster 2022 eingerichtet worden. Ihr gehörten Betroffene sowie Mitglieder des Domkapitels, des Diözesanrats und des Diözesankomitees sowie die Interventionsbeauftragten des Bistums an.
Die Eingaben und Stellungnahmen zu den Bischofsgräbern liegen nach Angaben des Domkapitels inhaltlich sehr weit auseinander. Das Spektrum reiche von Vorschlägen wie „Die Gräber sollten geleert und die Toten an anderer Stelle bestattet werden“ oder „In der Gruft und im Dom sollten gar keine Bestattungen mehr stattfinden“ bis hin zu Eingaben, die verlangen, auf keinen Fall die Totenruhe zu stören und auf jeden Fall weiter an diesem Ort Bischöfe zu beerdigen. Die Arbeitsgruppe hat in einem gemeinsamen Gespräch mit dem Domkapitel diese unterschiedlichen Vorstellungen betont und ihre eigenen Vorschläge erläutert. Das Domkapitel hat sich nach diesen Eingaben und nach dem Gespräch mit der Arbeitsgruppe eingehend mit dem Thema befasst. Generell, so ist das Domkapitel überzeugt, wird es nicht möglich sein, alle Vorstellungen zu erfüllen und alle Vorschläge aufzugreifen.
Dompropst Köppen fasst die Entscheidungen des Domkapitels wie folgt zusammen: „In der Grablege im Dom soll es ein digitales Angebot zu den Lebensläufen der dort beerdigten Bischöfe geben. Dabei wird auch auf ihre jeweiligen Rollen im Umgang mit sexuellem Missbrauch eingegangen werden.
Die Arbeitsgruppe hat vorgeschlagen, eines der vorbereiteten Gräber, in dem noch niemand beerdigt wurde, zu öffnen und darin eine transparente Tafel der Erinnerung anzubringen. Wir möchten mehrere Künstler bitten, uns Umsetzungsvorschläge zu machen, wie das Anliegen der Arbeitsgruppe auf vergleichbare Weise aufgegriffen werden kann. Wir laden Interessierte der Arbeitsgruppe herzlich ein, daran mitzuwirken.
Wir folgen der Empfehlung der Arbeitsgruppe und werden eine Blutbuche am Dom pflanzen. Den genauen Standort werden wir im Zusammenhang mit dem Umbau der Domkammer am Dom festlegen.
Auf dem Domherrenfriedhof und in der Grablege werden auch weiterhin Beerdigungen durchgeführt. Es entspricht einer uralten christlichen Tradition, an und in Kirchen, also an den Orten, an denen Christinnen und Christen den Tod und die Auferstehung Jesu Christi feiern, Menschen zu begraben. Diese Tradition gilt auch für Kathedralen. Sie ist als Zeugnis für den Glauben an die Auferstehung zu verstehen. Von daher sind auch die Gräber der Bischöfe in der Grablege des St.-Paulus-Doms nicht in erster Linie Ehrbezeugungen für die dort Bestatteten, sondern sie sind Ausdruck einer lebendigen apostolischen Tradition und der christlichen Hoffnung, die über den Tod hinaus geht.
Zudem liegen Schuld und Verantwortung stets bei konkreten Personen. Wenn in der Grablege und auf dem Domherrenfriedhof des St.-Paulus-Doms nicht mehr beerdigt würde, würde dies nach unserer Einschätzung von der konkreten Verantwortung und Schuld derjenigen, die dort bereits beerdigt sind und denen Vertuschung nachgewiesen wurde, ablenken. Zudem würden die künftig zu beerdigenden Personen einem Generalverdacht hinsichtlich des Umgangs mit sexuellem Missbrauch unterworfen, den wir nicht für richtig halten. Wir möchten auch zukünftig unserer Toten am Dom gedenken.
Durch die beschlossenen Maßnahmen versuchen wir deutlich zu machen, dass wir die Erinnerung an das schwarze Kapitel des sexuellen Missbrauchs in der katholischen Kirche im Zusammenhang mit den Gräbern wach halten wollen. Betroffenen wurde durch Priester und andere Vertreter der katholischen Kirche unsägliches Leid zugefügt. Priester in verantwortlicher Position hatten nicht die Betroffenen im Blick, sondern nur den Ruf der Institution Kirche. Indem sie sexuellen Missbrauch vertuscht haben, haben sie zugleich weiteren sexuellen Missbrauch ermöglicht.“
Quelle: Bistum Münster