Christinnen und Christen sind nicht nur Getaufte, sondern auch Gesalbte. Das besagt schon ihr Name, denn der Name Christen stammt vom griechischen Wort für „salben“ ab.
Wenn ich Kommunionkindern etwas über die Taufe erzähle, dann frage ich sie gern, ob sie wissen, was Sumo-Ringer sind. Meistens kennen sie diese wohlbeleibten Sportsmänner aus dem fernöstlichen Japan. Vor einem Kampf ölen sich diese Sumo-Ringer gern gründlich ein. Diese Salbung hat einen ganz einfachen Grund: Wer richtig schön glitschig und ölig daher kommt, den kriegt der Gegner nicht so leicht zu packen. Der flutscht ihm nämlich aus den Händen. Und wen man nicht zu packen kriegt, den kann man auch nicht so leicht niederringen und besiegen.
Dann sage ich den Kindern, dass in früheren Zeiten die neu getauften Christen nicht nur mit ein bisschen Chrisamöl auf der Stirn gesalbt wurden, sondern dass man sie genauso gründlich mit Chrisam einbalsamiert hat wie man heute einen Sumo-Ringer einölt, von Kopf bis Fuß. In manchen orthodoxen oder orientalischen christlichen Kirchen ist das übrigens bis heute noch üblich. Die spannende Frage lautet dann natürlich: Gegen wen müssen denn die Christen ringen? Die Antwort ist leicht: Sie müssen mit dem Tod ringen. Weil sie aber die Salbung des Heiligen Geistes empfangen haben, denn dafür steht ja symbolisch die Chrisam-Salbung, wird sie der Tod nicht zu packen kriegen und nicht festhalten können. Denn durch die Kraft des Heiligen Geistes werden sie den Tod niederringen und überwinden, um mit Christus aufzuerstehen zu einem neuen, unvergänglichen Leben.
Im heutigen Evangelium des Karmontags hören wir, wie die Füße Jesu vor seinem Einzug in Jerusalem im Haus des Lazarus in Betanien von Maria mit kostbarem Nardenöl einbalsamiert werden. Sie tut dies aus Verehrung und aus Liebe zu Jesus. Und Jesus selbst deutet dieses Geschehen schon als eine Vorwegnahme seiner Einbalsamierung im Grabe. Durch ihn aber wird sich der Sinn dieser Salbung nachösterlich erweitern und verwandeln. Denn Gott wird Jesus in der Kraft des Heiligen Geistes am Ostermorgen aus dem Tode auferwecken als den Erstgeborenen der Toten, als Ersten von unzähligen Schwestern und Brüdern, die mit ihm auferstehen.
Am Beginn der Karwoche scheinen also im heutigen Evangelium schon der Tod und die Auferstehung Jesu auf. Und zugleich wird durch den Bezug zur Chrisamsalbung deutlich, dass auch wir alle als Christen in dieses österliche Geschehen mit einbezogen werden.
Viele Menschen haben in diesen Tagen und Wochen mit so manchem zu ringen: mit Ängsten und Sorgen, mit Verlust und Trauer, mit Resignation und Verzweiflung oder auch mit Zweifeln und Gewissensbissen. Manch andere müssen auch mit Krankheit und Tod ringen. Ihnen allen soll es Mut machen und Kraft geben, dass sie wissen dürfen, dass sie Gesalbte sind, dass sie selbst der Tod nicht festhalten wird. Gehen wir mit Staunen und mit Zuversicht nun also hinein in diese heiligste Woche des Kirchenjahres.
Tagesimpuls von Pastor Frank Weilke