Liebe Gemeinde!
Unzählige Menschen haben nicht nur in den Vereinigten Staaten, sondern auf der ganzen Welt ein Buch gelesen, das sich unter anderem tatsächlich mit der Dreifaltigkeit Gottes beschäftigt. Dieses Buch, das zuerst im Selbstverlag erschien, wurde so zu einem Bestseller. Und später ist es dann auch mit großem Erfolg verfilmt worden. Auch in der Reihe „Kirche und Kino“ wurde dieser Film vor längerer Zeit einmal in unserer Pfarrei aufgeführt. Und auch da war der Besucherzuspruch sehr gut.
Natürlich geht es in dem Buch und in dem Film „Die Hütte – ein Wochenende mit Gott“ nicht nur um die Dreifaltigkeit Gottes. Es ist eine anrührende Geschichte über einen Mann, der durch einen Mord seine Tochter verloren hat und der nach diesem schrecklichen Verbrechen an einem Wochenende in einer Blockhütte tatsächlich Gott begegnet. Es kommen hier bei dieser Begegnung nun tiefe theologische Themen zur Sprache, die um den Sinn des menschlichen Leids und um die Überwindung menschlicher Schuld kreisen. Und viele Menschen hat diese Geschichte sicher auch deshalb berührt, weil es sich hier eben um Grundthemen des Lebens handelt.
Interessant ist nun für mich vor allem heute, wie Gott in dieser Geschichte und im Film dargestellt wird. Es ist nämlich nicht irgendein beliebiger Gott, um den es hier geht, sondern dezidiert der dreifaltige Gott des Christentums. Allerdings begegnet uns der dreifaltige Gott doch in sehr überraschender Form. Gott-Vater nennt sich zwar in der Geschichte „Papa“, er erscheint aber in der Figur einer schwarzen amerikanischen Mutter. Jesus Christus ist ein gut gebräunter Handwerker, der den Vorstellungen der Menschen noch recht nahe kommt. Der Heilige Geist hingegen erscheint ebenfalls in weiblicher Gestalt als eine junge Frau asiatischer Herkunft. Diese drei göttlichen Personen gehen äußerst liebevoll miteinander um. Und so hinterlassen sie bei dem Vater des ermordeten Mädchens einen tiefen Eindruck und sie helfen ihm nun, seine maßlose Wut in Vergebungsbereitschaft zu verwandeln.
Wenn man das Buch liest oder – vielleicht noch stärker – wenn man den Film anschaut, dann kann man sicher über die humorvolle Darstellung der Dreifaltigkeit schmunzeln. Aber natürlich kann man sich auch die Frage stellen, ob es sich hier wirklich um eine gelungene und angemessene Darstellung der heiligsten Dreifaltigkeit handelt oder nicht. Lässt sich der dreifaltige Gott wirklich angemessen durch drei verschiedene menschliche Figuren veranschaulichen? Lässt sich der dreifaltige Gott überhaupt bildlich darstellen?
Ich glaube, hier liegt tatsächlich eine nahezu unüberwindliche Hürde für uns. Denn in gelungener und angemessener Weise lässt sich der dreifaltige Gott bildlich wohl niemals darstellen. Und das gilt nicht nur für das Buch oder den Film „Die Hütte“. Das gilt im Grunde für jede bildliche Darstellung der Dreifaltigkeit. Auch in manchen Kirchen finden sich ja Abbildungen der Dreifaltigkeit in Form eines so genannten „Gnadenstuhls“: Gott Vater mit langem Rauschebart hält in den Händen das Kreuz, an dem Christus hängt, und in der Mitte erscheint dann der Heilige Geist in Gestalt einer Taube. Auch solche Abbildungen Gottes sind nicht wirklich gelungen und angemessen. Nicht umsonst gibt es in der Bibel ja das Bilderverbot. Wir sollen uns von Gott kein Bildnis machen. Und das gilt auch für den dreieinen Gott des Christentums, auch wenn es vom Menschen Jesus Christus zu Recht Abbildungen geben kann. Sie zeigen uns in der Regel aber auch nur den irdischen Jesus, beim auferstandenen Jesus wird es schon schwieriger.
Gott bleibt Geheimnis und lässt sich nicht darstellen. Besonders gilt dies im Hinblick auf die Dreifaltigkeit. Dass die drei göttlichen Personen sich unterscheiden und dennoch so sehr miteinander eins sind, dass sie nur ein Gott sind, das lässt sich nicht malen und nicht modellieren.
Dafür gibt es einen einfachen Grund: Denn dass verschiedene Personen miteinander wirklich eins sind, das können wir in dieser Welt noch nicht in ganzer Fülle erleben. Das dürfen wir erst in der Ewigkeit erfahren. In unserer Welt bleibt in der Regel die Trennung zwischen den Personen stärker als das Einssein.
Aber manchmal gibt es doch auch in unserer Welt Erfahrungen, die uns einen kleinen Eindruck davon vermitteln können, was es bedeutet, wenn getrennte Personen vereint sind. Denn wenn uns ein anderer Mensch wirklich ganz besonders nahe steht und wenn wir wirklich mit ihm durch die Liebe verbunden sind, dann identifizieren wir uns mit dem anderen. Wir empfinden dann die Freude des anderen als unsere eigene Freude und das Leid des anderen wird zu unserem eigenen Schmerz. In dieser Erfahrung der Liebe und des Mitgefühls zeigt sich etwas vom Geheimnis der göttlichen Dreifaltigkeit.
Tatsächlich ist es wohl auch bei uns Menschen die Liebe der Eltern zu ihren Kindern, die uns den tiefsten Anhaltspunkt geben kann, was es mit der Dreifaltigkeit auf sich hat. Denn Eltern fühlen sich in der Regel ihren Kindern ganz besonders nahe und verbunden. Manchmal so sehr, dass man ins Staunen geraten kann: So wird immer wieder berichtet, dass beispielsweise Mütter spüren können, wenn sich ihre Kinder, die zu dieser Zeit weit entfernt von ihnen sind, in Gefahr befinden. In Kriegszeiten gab es wohl immer wieder Beispiele dafür, dass eine Mutter oder ein Vater innerlich unruhig wurde oder eine schlimme Vorahnung hatte, genau zu dem Zeitpunkt, als ihr Sohn im Kampf verletzt oder gar getötet wurde. Es ist beinahe so, als hätte es hier eine geheimnisvolle Verbindung zwischen Eltern und ihren Kindern gegeben, die sogar die räumliche Trennung überwunden hat. Und diese Verbundenheit über die Trennung hinweg vermittelt uns einen Eindruck vom Einssein des dreifaltigen Gottes.
Gott-Vater, Sohn und Heiliger Geist sind dabei jedoch in so tiefer Liebe miteinander eins, dass sie wirklich jede Trennung schon immer überwunden haben.
Das heutige Fest der heiligen Dreifaltigkeit ist für uns als Christen kostbar, weil es uns daran erinnert, dass wir selbst einmal in dieses Leben des dreifaltigen Gottes mit hineingenommen werden sollen. Wir werden dann mit Gott und miteinander wirklich eins sein und jede Trennung wird dann auch für uns überwunden sein durch die Liebe, in die wir ganz aufgenommen sind. Und dies ist für uns alle eine wunderbare Hoffnung, auch wenn wir uns jetzt davon noch kein Bild und keine Vorstellung machen können. Amen.
von Pastor Frank Weilke