„Es war einmal ein Ehepaar, das lebte glücklich irgendwo. Die beiden liebten sich, teilten Freude und Leid, Arbeit und Freizeit, Alltage und Sonntage miteinander. Über Jahre lebte das Ehepaar im Glück, bis eines Tages….: Eines Tages las das Ehepaar gemeinsam in einem alten Buch. Es las, am Ende der Welt gäbe es einen Ort, an dem der Himmel und die Erde sich berühren. Dort gäbe es das große Glück, dort sei der Himmel. Das Ehepaar beschloss, diesen Ort zu suchen. Es wollte nicht umkehren, bevor es den Himmel gefunden hätte. Das Ehepaar durchwanderte nun die Welt. Es erduldete alle Entbehrungen, die eine Wanderung durch die Welt mit sich bringt. Sie hatten gelesen, an dem gesuchten Ort gäbe es eine Tür, man brauche nur anzuklopfen, hineinzugehen und schon befinde man sich im großen Glück. Endlich fand das Ehepaar, was es suchte. Die beiden klopften an die Tür, bebenden Herzens sahen sie, wie sie sich öffnete. Und als sie eintraten, blieben sie sofort erstaunt stehen. Sie standen in ihrer eigenen Wohnung. Die Wohnung war so, wie sie sie verlassen hatten. Da begriffen sie: Der Ort, an dem Himmel und Erde sich berühren, an dem das Glück zu finden ist, befindet sich auf dieser Erde. Es befindet sich direkt in unserer Umgebung.“
Vielleicht kennt der eine oder andere von Ihnen diese schöne Geschichte, die gern bei Trauungen oder Ehejubiläen vorgetragen wird. Wer wünscht es sich schließlich nicht, dass sein Zuhause ein Ort ist, wo das Glück wohnt? Und wer könnte glücklicher sein als derjenige, der bei sich zu Hause den Himmel schon gefunden hat?
In diesen Tagen und Wochen der Corona-Epidemie sind viele Menschen dazu gezwungen, viel Zeit zu Hause zu verbringen. Wir bleiben zu Hause, so schallt es uns immerzu auch in den Medien als warnender Aufruf entgegen. Und wer nun schon viele lange Wochen in seiner eigenen Wohnung im Kreis der Kleinfamilie verbracht hat, der wird sich vielleicht fragen, ob hier wirklich der Ort ist, an dem der Himmel die Erde berührt. Ist das traute Heim schon das Glück allein?
Wenn wir in die Bibel schauen, dann erfahren wir, dass das Himmelreich tatsächlich mitten in der Welt präsent ist. Paradoxerweise kann man aber nicht einfach mit dem Finger auf einen konkreten Ort zeigen und sagen: Hier ist das Reich Gottes! Oder: Da ist das Reich Gottes! Der Ort, wo der Himmel die Erde berührt, ist uns nämlich noch viel, viel näher als unsere eigene Wohnung oder unser Zuhause. Dieser Ort, wo der Himmel die Erde berührt, ist uns so nahe, dass wir ihn mit den Augen gar nicht sehen können. Denn wenn etwas uns ganz nahe kommt, dann können wir es nicht mehr erfassen. Im Evangelium sagt uns Jesus, dass das Himmelreich schon in uns selbst ist. Der Ort, wo der Himmel die Erde berührt, ist unsere Seele, unser Herz. Das Reich Gottes ist schon in uns und dadurch unter uns gegenwärtig (vgl. Lukas 17, 20f).
Oder genauer gesagt: Es kann schon in uns gegenwärtig werden. Jetzt in dieser Woche vor Pfingsten erinnern wir uns daran, dass Jesus uns den Heiligen Geist gesandt hat, der in uns Wohnung nehmen will. Gott schenkt uns durch die Gabe des Heiligen Geistes eine Hoffnung, die uns nicht zugrunde gehen lässt. Und die Liebe Gottes wird ausgegossen in unsere Herzen durch den Heiligen Geist, der in uns wohnt (vgl. Röm 5, 5).
Wo Gottes Geist in uns Wohnung nimmt, da wird unsere Seele zu dem Ort, an dem der Himmel die Erde berührt. Das aber ist eine Erfahrung, die man nicht einfach herstellen oder herbeizwingen kann, sondern es ist eine Gnade, ein wunderbares Geschenk, das uns von Christus gemacht wird, der uns den Geist der Liebe und des Friedens sendet.
Mit dem schlesischen Barockzeit-Mystiker Angelus Silesius können wir dann sagen: „Halt an, wo läufst du hin, der Himmel ist in dir! Suchst du ihn anderswo, du fehlst ihn für und für!“ (aus dem „Cherubinischen Wandersmann“)
Bitten wir Gott um solche himmlischen Pfingsterfahrungen. Dann kann unser Zuhause tatsächlich zu einem Ort werden, an dem das Glück wohnt, weil Gottes Geist in unserer Seele Wohnung genommen hat.
Impuls von Pastor Frank Weilke