Münster (pbm/acl). Spontan, ehrlich und persönlich ist der Bischof von Münster, Dr. Felix Genn, bei der Premiere des Formats „Ask the bishop“ am 22. Mai auf das eingegangen, was Jugendliche bewegt. Aus der Jugendkirche in Münster wurde der Gesprächs- und Gebetsabend per Livestream ins Internet übertragen. Im Instagram-Chat konnten die Jugendlichen ihre Fragen und Gedanken rund um das Thema Liebe mitteilen, die der Bischof im Gespräch mit Pastoralreferentin Franzis Niehoff aufgriff. Vielseitig waren dabei die Themen der Jugendlichen: Von Liebe auf den ersten Blick und über den Tod hinaus, über Selbstliebe und Feindesliebe, Nächstenliebe und Liebe als Geben und Nehmen, bis hin zu Eifersucht und der Sexualmoral der katholischen Kirche.
Bereits in den Vortagen hatten die Macher von „Ask the bishop“, zu denen hauptsächlich Jugendliche gehören, die Follower dazu aufgerufen, Liebe mit einem Wort zu beschreiben. Lea aus dem Vorbereitungsteam stellte Bischof Felix die Antworten vor: „Zuhause“, „Geborgenheit“, „Kummer“, „bedingungslos“, „Gott“, waren nur einige davon. „All das trifft zu“, stimmte der Bischof zu und fügte seine Beschreibung von Liebe hinzu: „Es ist etwas Wunderschönes und darum gleichzeitig auch so zerbrechlich.“
Ob er das Gefühl kennt, verliebt zu sein, interessierte die Teilnehmer als erstes. „Natürlich“, antwortete der Bischof schmunzelnd. „Ich bin ja nicht als Bischof auf die Welt gekommen, sondern war auch mal Jugendlicher.“ Lieben und geliebt werden – das gehört für den Bischof zusammen. „Wenn ich geliebt werde, motiviert mich das, selber zu lieben und dann spüre ich, dass ich immer etwas zurückbekomme“, berichtete er. Er ermutigte die Jugendlichen, sich auf den Weg zu machen zu lieben und selbst die Erfahrung zu machen, was das mit einem macht. Das müsse nicht immer mit großen Gefühlen verbunden sein, sondern könne auch eine Geste sein. „Wenn ich einem Bettler in der Stadt etwas gebe und ihn dabei bewusst anschaue oder sogar mit ihm ins Gespräch komme“, gab er ein Beispiel.
Mit einem überzeugten „Ja“ beantwortete Bischof Felix die Frage, ob die Liebe über den Tod hinaus geht. „Wenn ich am Grab meiner Eltern stehe, dann spüre ich diese Liebe deutlich“, ließ er die Jugendlichen an seinen persönlichen Erfahrungen teilhaben. „Über den Tod hinaus“ beziehe sich aber auch auf seinen christlichen Glauben. „Meine Vorstellung ist die, dass wir nach dem Tod nur von Liebe erfüllt sein werden. Da gibt es keine Eifersucht, kein Misstrauen oder Neid, wir müssen uns auch nicht anstrengen, sondern die Liebe wird einfach da sein.“ Berührt zeigte er sich von dem Gedanken eines Jugendlichen, der aufgrund seiner andauernden Liebe zu seinem verstorbenen Vater das Gefühl hat, dass es Gott geben muss. „Das ist ein Volltreffer. Für mich ist die Liebe insgesamt ein Beweis Gottes“, betonte der Bischof. Dennoch habe er manchmal Angst, die menschliche Liebe zu verlieren, ging er auf weitere Fragen ein. „Ich habe gute Freunde und manchmal überkommt mich die Sorge, was wäre, wenn ich sie verliere würde.“ Das habe nichts mit etwas besitzen wollen zu tun, „sondern mit der Kostbarkeit, die eine solche Beziehung darstellt“.
Die Nächstenliebe gehöre wesentlich zum christlichen Glauben, schrieben Jugendliche. Doch wie schwer falle es dem Bischof, sich selbst zu lieben? „Das musste ich wirklich lernen“, gestand er. Doch mittlerweile sei er überzeugt, dass jemand, der sich selbst nicht lieben kann, kaum in der Lage sei, andere zu lieben. Dazu gehöre aber auch, auf sich selbst zu achten und sich nicht in der Liebe zu verausgaben. Schwerer tat sich der Bischof mit einer Antwort zum Thema Feindesliebe. „Feinde lieben, die mich wirklich hassen und mir etwas Böses wollen, das kann ich nicht auf Knopfdruck“, gab er zu. „Aber zunächst bete ich für sie und auch das kann schon schwer sein.“ Doch dieser Schritt eines Zugehens sei wichtig. Denn Liebe sei ein Prozess und müsse immer weiterentwickelt werden. So sei es auch mit der Liebe zu Gott. „Ich weiß mich ein Leben lang in der Schule Jesu, für mich macht das das Wesentliche meines christlichen Lebens aus“, erklärte Genn.
Nicht außen vor ließ er die Frage eines Jugendlichen, ob er die Sexualmoral der Kirche für überholungsbedürftig halte und wie er zum Vorwurf der Leibfeindlichkeit stehe. „Dass es sie gibt, will ich nicht abstreiten“, sagte Bischof Felix. Sexualität könne auch Angst machen und sie als Wert und kostbare Gabe zu sehen, müsse man lernen. „In dieser Hinsicht müssen manche Aussagen der Kirche weiterentwickelt werden, weil oft der Eindruck entsteht, dass es immer nur ein Stoppschild oder den erhobenen Zeigefinger gibt“, betonte Genn.
Der Gesprächsabend, der von den Musikern Lea und Gunnar von „Emmanuel House Münster“ sowie dem Musiker Sam eingerahmt wurde, endete mit dem Entzünden von Kerzen. Dazu wurden Fürbitten vorgetragen, die die Jugendlichen einsenden konnten.
Information zu „Ask the bishop“
„Ask the bishop“ ist ein neues Format der Jugendkirche in Münster, das die bisherigen Angebote von Jugendkatechese und Jugendgebetsabend zusammenfasst. Nachdem die Premiere im März aufgrund der Corona-Pandemie ausfallen musste, hatten Jugendliche aus dem Vorbereitungsteam eine digitale Alternative entwickelt und den Instagram-Kanal „Ask the bishop“ ins Leben gerufen. Per Direktnachricht auf Instagram können junge Menschen seitdem ihre Fragen an Bischof Felix stellen. Rund 70 Fragen hat er während der Corona-Zeit jeweils in einem kurzen Video beantwortet. Mehr als 1000 Jugendliche folgen mittlerweile den Antworten des Bischofs.
Quelle: Bistum Münster, Text/Foto: A. Ladermann