Der hier dargestellte Christus-Korpus mit fehlenden Armen begleitet mich jetzt schon seit meinem Studium. Diese Christusdarstellung hing in unserer Kapelle unsere Ausbildungseinrichtung, in der wir als Religionspädagogen für ein Jahr gewohnt haben. Der Anblick des Korpus, der einen vielleicht beim ersten Blick erschrecken lässt oder für den ein oder anderen zerstört wirkt, erinnert mich an ein Gebet aus dem 14. Jahrhundert. Sein Text lautet folgendermaßen:
Christus hat keine Hände, nur unsere Hände, um seine Arbeit heute zu tun.
Er hat keine Füße, nur unsere Füße, um Menschen auf seinen Weg zu führen. Christus hat keine Lippen, nur unsere Lippen, um Menschen von ihm zu erzählen.
Er hat keine Hilfe, nur unsere Hilfe, um Menschen an seine Seite zu bringen.
Diesen Gebetstext kenne ich auch als modernes Kirchenlied. Wenn ich auf den Korpus ohne Arme schaue, geht mir automatisch die Melodie des Liedes durch den Kopf.
Diese Melodie und der Text dazu sind eine Art Lebensmantra für mich geworden. Mit meinen Händen versuche ich, seine Arbeit heute zu tun. Mit meinen Füßen möchte ich den Menschen in seinem Namen begegnen. Meine Lippen formulieren viele Gebete, verkünden das Evangelium und bringen seinen Lobpreis durch Lieder in vielen Gottesdiensten zum Ausdruck. Und doch bleibt eine gewisse Unvollständigkeit vorhanden.
Nur gemeinsam können wir als Christen seine Arme, Füße und Lippen vollständiger machen. Durch unsere Taufe sind wir alle dazu aufgerufen, diese Gemeinschaft untereinander und mit Christus zu leben und zu verkünden.
Bei dem Blick auf diese Kreuzesdarstellung stellt sich mir auch immer wieder die Frage: „Was würde Jesus jetzt sagen? Was würde er an meiner Stelle tun?“
Es tut uns oftmals gut, den Blick von sich selbst auf ihn zu richten, um durch ihn zu handeln und Menschen zu begegnen. Und selbst wenn es uns nicht immer gelingt, dürfen wir darauf vertrauen, dass wir diesen Weg nicht allein gehen. Wir müssen unseren Blick immer wieder auf ihn richten, um uns an seiner Botschaft zu orientieren.
Christus braucht Menschen – und wir Menschen brauchen Christus!
Impuls von Karin Schmeing, Pastoralreferentin