„Nur schlechte Nachrichten sind gute Nachrichten.“ So lautet angeblich ein Leitsatz für die Tätigkeit von Journalisten. Es sind demnach die schlechten Nachrichten, die die Menschen wirklich interessieren und umtreiben. Darum bestimmen sie auch die Schlagzeilen in den analogen und in den digitalen Medien, weil sich die beängstigenden und beunruhigenden Meldungen am besten verkaufen lassen.
Gilt das aber nicht nur solange, wie man von einer schlechten Nachricht nicht selbst betroffen ist? Sobald sich jemand selbst in einer Krise oder in einer echten Not befindet, die ihn persönlich etwas angeht und betrifft, verliert das journalistische Mantra von den „guten schlechten Nachrichten“ – wie ich glaube – seine Gültigkeit. In einer gefahrvollen oder leidvollen Situation erhoffen sich die Menschen vor allem eins: endlich wirklich gute Nachrichten!
Welche berauschende Wirkung gute Nachrichten haben können, das zeigte sich beispielsweise in der berühmten Szene aus dem Jahr 1989, als der damalige Außenminister Hans-Dietrich Genscher in der bundesdeutschen Botschaft in Prag den dort seit Tagen campierenden Flüchtlingen aus der DDR die Nachricht verkündete: „Wir sind heute hierher gekommen, um Ihnen mitzuteilen, dass Ihre Ausreise…“ Weiter kam Genscher nicht, denn der Rest des Satzes ging in einem unbeschreiblichen Jubel der Botschaftsflüchtlinge unter.
Welche enorm befreiende Wirkung eine gute Nachricht haben kann, zeigt sich auch in diesen Wochen der Corona-Epidemie, z. B. wenn ein Arzt den Angehörigen einer Covid-19-Patientin sagen kann: „Ihre Mutter ist auf der Intensivstation aus dem Koma wieder erwacht. Wir sind zuversichtlich, dass sie über den Berg ist.“ Oder auch nur, wenn die Regierung in diesen Tagen kundtut, dass bestimmte Geschäfte wieder öffnen dürfen und dass die Inhaber und Angestellten nun endlich wieder etwas verdienen können. Und hoffen wir nicht auch, dass es bald die gute Nachricht für die Gläubigen gibt, dass sie wieder an einem Gottesdienst teilnehmen dürfen?
Gerade in Krisen- und Notzeiten sehnen sich die Menschen nach guten Nachrichten. Und sie setzen oft ihre ganze Hoffnung darauf.
Die Kirche begeht heute den Festtag des heiligen Evangelisten Markus. Auch wenn wir heute nicht mehr genau sagen können, um wen es sich dabei gehandelt hat, steht fest, dass aus seiner Feder das älteste Evangelium stammt, das kurz nach dem Jahr 70 nach Christus entstanden ist. Auch damals in einer Krisenzeit; denn kurz zuvor hatten die Römer den Tempel in Jerusalem zerstört und das Reich der Juden vernichtet. Auf diese geschichtliche Katastrophe folgte für die Menschen jüdischen Glaubens eine fast 2000-jährige Epoche der Zerstreuung in die Diaspora. Genau in dieser krisenhaften Zeit entsteht das Markusevangelium.
Die Schrift, die Markus verfasst hat, bezeichnet er als gute Nachricht, als frohe Botschaft, eben als Evangelium. Und das obwohl es sich nicht um eine heitere Geschichte handelt, sondern um die Leidensgeschichte Jesu mit ausführlicher Einführung, wie ein Exeget einmal gesagt hat. Dass es sich trotzdem um eine wirklich frohe Botschaft handelt, zeigt sich aber vom Ende her. Als schon alle Hoffnung verloren zu sein scheint, verkündet ein Engel den drei Frauen am Ostermorgen im Grab: „Ihr sucht Jesus von Nazaret, den Gekreuzigten. Er ist auferstanden, er ist nicht hier!“
Das Gute an dieser frohen Botschaft des Markus ist, dass sie eine unbegrenzte Haltbarkeit hat, dass sie niemals veraltet, sondern immer und für jeden aktuell und gültig bleibt. Das unterscheidet sie von allen anderen guten Nachrichten, die es sonst in dieser Welt noch gibt. Sie sind leider irgendwann doch überholt, verlieren an Bedeutung und an Kraft, weil sie nur eine begrenzte Halbwertzeit besitzen. Die gute Nachricht des Markusevangeliums hingegen verweist auf eine Hoffnung mit unbegrenzter Halbwertzeit, mit Ewigkeitswert.
Wie stark diese Botschaft ist, das symbolisiert übrigens auch der Löwe des heiligen Markus, der für die Stärke der Auferstehung und die Überwindung des Todes steht. Vielleicht ist das ja auch ein Trost für die Menschen in Venetien, der italienischen Provinz, die neben der Lombardei derzeit besonders von der Corona-Pandemie betroffen ist. Denn im Markusdom von Venedig werden schon seit Jahrhunderten die Reliquien des heiligen Evangelisten verehrt. Die Botschaft seines Evangeliums aber gilt allen Menschen zu allen Zeiten.
Geistlicher Impuls von Pastor Frank Weilke