Bad Waldliesborn/Wadersloh (pbm/jg). „Wir haben seitens des Bistums die Auflagen für den des Missbrauchs beschuldigten Pfarrer nicht präzise genug formuliert. Es wurde nicht deutlich, wie sie umzusetzen sind. Deswegen konnte auch nicht kontrolliert werden, ob sie eingehalten wurden. Das ist ein Fehler, aus dem wir lernen müssen“. Das hat Peter Frings, Interventionsbeauftragter des Bistums Münster, am Abend des 7. November im Pfarrheim „Die Brücke“ in Bad Waldliesborn betont. Dort in der Gemeinde St. Josef, die zur Pfarrei St. Margareta Wadersloh gehört, fanden sich auf Einladung des leitenden Pfarrers Martin Klüsener mehr als 200 Menschen ein, um über den Fall, der ihre Gemeinde betrifft, zu sprechen.
Am Wochenende war in Kevelaer ein Brief einer Betroffenen verlesen worden, die in den 1980er-Jahren von einem damaligen Kaplan sexuell missbraucht worden war. Die inzwischen emeritierte Pfarrer war zuletzt in der Pfarrei in Wadersloh und in der Gemeinde in Bad Waldliesborn tätig. Ebenfalls als Ansprechpartner vor Ort: Dominik Potthast, Präventionsbeauftragter der Pfarrei. Er machte klar: Wir tun vor Ort etwas, damit sexueller Missbrauch keine Chance hat.
Betroffen, schockiert, wütend, traurig, fassungslos, hilflos – emotional war die Atmosphäre am Abend in der „Brücke“. Viele Menschen meldeten sich zu Wort, immer wieder ging es um mangelnde Transparenz und Inkonsequenz des Bistums im Umgang mit dem beschuldigten Priester. Warum durfte er trotz der Auflagen noch immer Gottesdienste feiern? Warum hat man das nicht kontrolliert? Auch Kritik am System Kirche im Umgang mit Missbrauchsfällen kam zur Sprache: „Warum verändern wir uns als Kirche nicht?“ fragte eine Besucherin. Als die Forderung nach der Entlassung des Beschuldigten aufkommt, erklärte Frings: „Das Kirchenrecht sieht vor, Fälle wie den des beschuldigten Priesters nach Rom zu melden. Das ist geschehen.“ Das Kirchenrecht sehe allerdings auch vor, dass Grundlage für die Entlassung eines Priesters eine strafrechtliche Verurteilung sei. Diese gebe es nicht und „kirchenrechtlich ist eine Entlassung derzeit nicht möglich.“
Frings räumte Fehler des Bistums im Umgang mit dem Fall des sexuellen Missbrauchs ein, verteidigte aber die Entscheidung, dass das Bistum die Staatsanwaltschaft nicht eingeschaltet habe, als sich die Betroffene im Jahr 2010 beim Bistum meldete. „Das hat die Betroffene ausdrücklich untersagt,“ machte er klar und erklärt: „Jeder Verdachtsfall wird vom Bistum an die Staatsanwaltschaft weitergeleitet – es sei denn, die Betroffenen untersagen es. Wir bieten Betroffenen zudem immer die Möglichkeit einer unabhängigen anwaltlichen sowie einer psychologischen Beratung und Betreuung an.“ Auch auf die Studie, die das Bistum an der Westfälischen Wilhelms-Universität in Auftrag gegeben hat, wies er hin: „In dieser unabhängigen, wissenschaftlichen Untersuchung werden bis 2022 alle Akten aufgearbeitet.“
Wiederholt wurde an dem Abend betont, dass es gerade jetzt noch wichtiger geworden sei, die Präventionsarbeit weiter auszubauen. „Wir engagieren uns hier vor Ort, um Kinder und Jugendliche zu stärken, zu signalisieren, dass wir sensibel und aufmerksam sind und führen regelmäßig Präventionsschulungen durch“, erklärte Dominik Potthast. „Sexueller Missbrauch darf keine Chance haben.“
Am Ende des Abends, nach 90 Minuten, blieb ein Auftrag an den Interventionsbeauftragten: „Nehmen Sie das mit nach Münster, was wir hier heute gesagt haben“ gaben die Besucherinnen und Besucher ihm mit auf den Weg.
Wie Frings an dem Abend bekannt gab, hat sich nach den ersten Veröffentlichungen des Falls eine weitere Frau gemeldet, die ebenfalls von einem sexuellen Missbrauch durch den Geistlichen berichtet. Frings bittet darum, dass sich möglicherweise andere Betroffene bei den Ansprechpersonen für Verfahren bei Fällen des sexuellen Missbrauchs melden: Bernadette Böcker-Kock 0151-63404738; Bardo Schaffner 0151-43816695.
Quelle: Pressemitteilung Bistum Münster